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Warum der Klimawandel meine Existenz bedroht

Besser als dieses Jahr geht’s kaum.

Wir haben eine herrliche Ernte hinter uns, die Trauben werden gehaltvolle, ausbalancierte Weine hervorbringen. Sommeliers lechzen schon jetzt danach. Die warmen Temperaturen im September haben es möglich gemacht.

Alles super also! Den Klimawandel spürt man ja gar nicht, ist man fast geneigt zu sagen. Eine solcher Ausspruch wäre aber das Dümmste, das aus meinem Mund kommen könnte. In Wahrheit ist es ganz anders – in Wahrheit bedroht der Klimawandel meine berufliche Existenz.

Tick-Tack. Tick-Tack.

Winzerin zu sein ist (m)eine Lebensaufgabe

Mein Name ist Anna Faber. Ich bin 30 Jahre alt und habe mich entschieden, das Weingut meiner Mutter Maria Faber-Köchl weiterzuführen. Winzerin zu sein ist kein Job wie jeder andere. In anderen Branchen geht es oft um kurzfristige Erfolge – der Kundin eine trendige Frisur zu schneiden oder als Key Account Managerin bestimmte Benchmarks zu erreichen. Das Weinmachen ist dagegen von langfristigen Prozessen geprägt. Viel Geduld und Leidenschaft gehören dazu.

Pflanzt man Rebstöcke aus, so liefern sie erst drei Jahre später die ersten Trauben. Hinzu kommen teure Investitionen im Keller, bei den Maschinen oder den Verkostungs-Räumlichkeiten – Kredite gehören zum Winzer-Job wie der Anzug zum Bankberater.

Einfach so kündigen – von einem Tag auf den anderen – ist bei diesem Beruf nicht möglich. Nein, Winzerin zu sein ist eine Lebensaufgabe – doch ob ich dieser Lebensaufgabe tatsächlich mein Leben lang nachgehen kann, dessen bin ich mir nicht sicher. Schuld daran ist der Klimawandel.

Tick-Tack. Tick-Tack.

Ist Weinbau in Österreich 2050 noch möglich?

Im besten Fall wird die Mittel-Temperatur der Erde bis 2100 „nur“ um 1,5 Grad Celsius steigen – dieses Ziel hat sich das Pariser Klimaabkommen gesetzt. Sieht die Politik – wie bis jetzt – tatenlos zu, so wird die Erderwärmung noch drastischer ausfallen. Schon eine Steigerung um drei Grad Celsius hätte das Versinken tausender Küstenstädte unter dem Meeresspiegel zur Folge.

Für viele Menschen sind die Auswirkungen des Klimawandels also lebensbedrohlich, in meinem Fall geht es „nur“ um die berufliche Existenz – auch wenn das schon schlimm genug ist. Ich weiß nicht, ob Weinbau 2050 in Österreich noch gewinnbringend möglich ist.

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Klar, unsere Trauben würden etwas wärmere Temperaturen schon aushalten. Im Weinviertel, einer klassischen Kaltklima-Weinregion, müssten wir WinzerInnen damit beginnen, neue Rebsorten auszupflanzen, die die Sonne besser vertragen als unser Grüner Veltliner. So lange keine große Dürreperiode ausbricht, wäre das alles ein Problem, das zu bewältigen ist.

Tick-Tack. Tick-Tack.

Klimawandel führt zu Ernte-Ausfällen

Der Klimawandel hat jedoch andere, weit gravierendere Folgen als nur die Temperatur-Erhöhung: Klimatische Extrem-Ereignisse werden wahrscheinlicher. Anders gesagt: In Zukunft wird es immer mehr Unwetter-, Hagel- und Frostschäden in den Weingärten geben. Vor wenigen Monaten wütete nur 30km nördlich von uns ein tödlicher Tornado mit heftigen Hagelstürmen. Andere, weit weniger tragische, Vorboten haben wir in den letzten Jahren erlebt, als Kälteeinbrüche im Frühjahr erheblich weniger Trauben bedeuteten.

Ich befürchte, dass tolle Jahrgänge wie der 2021er in Zukunft die absolute Ausnahme bleiben werden. Stattdessen müssen wir WinzerInnen uns auf immer mehr Ernteausfälle und Weingarten-Schäden einstellen. Diese Entwicklung kann zur Bedrohung für unseren Berufsstand werden. Vielleicht zwingt mich der Klimawandel sogar irgendwann einmal dazu, meine Lebensaufgabe aufzugeben – das wäre der absolute Horror für mich.

Tick-Tack. Tick-Tack.

Die Uhr tickt. Noch ist es nicht so weit. Noch können wir etwas dagegen tun, doch die Zeit wird immer knapper. Geht es so weiter wie bisher, könnten bereits 2030, also in 9 Jahren, 1,5 Grad Celsius Erderwärmung erreicht sein. Zur Erinnerung: Das ist jenes Ziel, dass sich das Pariser Klimaabkommen bis zum Ende des Jahrhunderts gesetzt hat. Alle Reserven wären aufgebraucht.

Weltklimakonferenz in Glasgow als Chance

Als Winzerinnen haben wir am Weingut Faber-Köchl in den letzten Jahren einige kleine Maßnahmen gesetzt. Wie die Installation einer Photovoltaikanlage auf unserer Kellerei oder die Selbstversorgung mit Fleisch durch unsere Turopolje-Schweine. Es sind Maßnahmen mit symbolischen Wert, denn effektiv kann der Klimawandel nur durch größere Steuerungsmaßnahmen der Politik bekämpft werden.

Daher blicke ich gespannt nach Glasgow, wo die Weltklimakonferenz 2021 stattfindet. Sechs Jahre nach dem Pariser Abkommen wäre es an der Zeit, dass sich die Weltgemeinschaft zu strengeren Klimaschutzregelungen bekennt, die danach so schnell wie möglich auch umgesetzt werden.

Nur so haben wir eine Chance, den Weinbau in Österreich für die nächsten Jahrzehnte und Jahrhunderte zu erhalten. Trinkt lokal, denkt global!

Zum Shop: 6er-Box “Die Einsteigerin” für alle, die zum ersten Mal unsere Weine probieren

Anmerkung: Dieser Text wurde erstmals 2018 veröffentlicht. 3 Jahre später ist er leider noch immer aktuell. Aus Anlass der Weltklimakonferenz in Glasgow habe ich den Beitrag überarbeitet.